Christine Haderthauer: Zwangsquoten bewirken nichts, Frauenpower muss vom Unternehmen kommen um sie zu etablieren

Sozial- und Familienministerin in Bayern Christine Haderthauer (Foto: Staatsministerium für Soziales, Arbeit und Familie in Bayern)
Ingolstadt Ihre Kollegin Kristina Schröder spricht sich gegen die verpflichtende Frauenquote aus. Die bayerische Arbeits-, Sozial- und Familienministerin Christine Haderthauer stellt sich den Fragen von www.treffpunkt-regional.com und erklärt dazu ihre Sicht der Dinge bzw. ihre Sichtweise zum Rollenverständnis in der heutigen Gesellschaft.
Hätte eine Pflicht-Quote – gegen die sich die Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder wehrt – nicht auch viele negativen Aspekte für Frauen im Berufsleben?
Christine Haderthauer:„Zwangsquoten bewirken nichts! Nur die von den Unternehmen selbstgemachte Frauenquote wird Erfolg haben. Die gleiche Quote für alle bringt null: Denn eine Quote von 50 Prozent kann für ein Kommunikationsunternehmen einen Rückschritt bedeuten, für ein Metallunternehmen aber kaum realisierbar sein. Deshalb bin ich dafür, Unternehmen zu verpflichten, sich jährlich konkrete Zielvorgaben für den angemessenen Frauenanteil ab der mittleren Führungsebene zu geben und diese dann auch zu veröffentlichen. Diese Frauenförderquote muss genauso in die Zielvereinbarung der Unternehmen aufgenommen werden wie der Umsatz, die Marktausbreitung oder Ökostandards – und genauso müssen sich Unternehmen für das Erreichen oder Nichterreichen der festgelegten Frauenquote rechtfertigen. Nur dann haben auch die Verbraucher Transparenz und können reagieren!“
Wie betrachten Sie die Situation der Frauen im Berufsalltag generell – Stichwort: unterbezahlte Jobs im sozialen Bereich (Kindererziehung, Altenbetreuung)?
Christine Haderthauer:„Fakt ist: Immer noch verdienen Frauen durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. Vor allem in ‚typisch weiblichen’, also sozialen Berufen wie Pflegerin oder Erzieherin, wird schlecht gezahlt. Dies werden wir erst dann überwinden, wenn wir überkommene Rollenbilder endlich über Bord werfen! Es kann nicht sein, dass selbst hoch bewertete Berufe wie Rechtsanwälte, Lehrer oder Ärzte in dem Maße an Lohnniveau bzw. Einkommensniveau verlieren wie sie ‚verweiblichen‘. Dies geschieht nonverbal und oft gar nicht bewusst auch deshalb, weil häufig noch das Denken verankert ist, dass ein Mann seine Familie ernähren muss, eine Frau aber bestenfalls einen Zuverdienst erwirtschaftet.“
Wie kann man dieser Problematik begegnen bzw. wäre es nicht vielleicht manchmal mehr Energie wert, als so manche Debatte um irgendwelche Internationalen Rettungspakete bzw. Auffang-Gesellschaften von Konzernen (bei denen in der Regel häufig die Konzerne die Hand aufhalten und sich subventionieren)?
Christine Haderthauer: „Lohnunterschiede endlich zu beseitigen, ist Aufgabe der Arbeitgeber und Tarifpartner. Leider ist in den Köpfen vieler Vorgesetzter immer noch nicht angekommen, dass wir ohne Frauen in Zukunft keinen Blumentopf mehr gewinnen können. Wir haben in vielen Branchen einen fortschreitenden Fachkräftemangel. Deshalb können wir es uns schlichtweg nicht mehr leisten, auf das Potential gut ausgebildeter Frauen zu verzichten. Frauen sind anders gut als Männer und daher durch die besten Männer nicht zu ersetzen. Gerade jetzt müssen sich Frauen mehr zutrauen und selbstbewusster in Tarif- und Gehaltsverhandlungen gehen; ein Naturgesetz, dass Frauenarbeit weniger wert ist als Männerarbeit, gibt es nämlich nicht!“
Einmal Schlecker, einmal Müllerbrot: innerhalb weniger Wochen sind in Bayern (Ulm mal dazu gerechnet) zwei große Kettenkonzerne in Insolvenz gegangen. Wie sehen Sie als Arbeitsministerin Bayerns diese Entwicklungen bzw. wo sehen sie in Bereichen der Arbeitsmarktpolitik Möglichkeiten bzw. die großen Chancen Bayerns?
Christine Haderthauer:„Der Arbeitsmarkt in Bayern ist nach wie vor Bestens aufgestellt. Den Arbeitsplatz zu verlieren, ist immer ein gravierender Einschnitt für die Einzelnen. Aber nirgends sonst in Deutschland sind die Perspektiven so gut wie in Bayern. Dies wird es den von den Insolvenzen betroffenen Frauen und Männern erleichtern, rasch neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden.“
Vielen Dank für das Interview.
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