Goldene Bürgermedaille für Ingolstädter Siegfried Hofmann

Aus Von Ramona Schittenhelm

Ingolstadt Eigentlich ist er aus Nürnberg – übers Altmühltal kam er nach Ingolstadt: nun hat Dr. Siegfried Hofmann die Goldenen Bürgermedaille der Stadt Ingolstadt für seine herausragenden Dienste erhalten.
Dr. Siegfried Hofmann wurde am 13. Februar 1930 in Nürnberg geboren, verbrachte seine Kindheit in Kinding/Altmühltal und besuchte die Oberschule in Eichstätt. 1950 bis 1951 folgten zwei Semester Studium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Eichstätt. An der Ludwig-Maximilians-Universität in München studierte er von 1952 bis 1956 Anglistik, historische Hilfswissenschaften, Bayerische Geschichte, Geschichte und Theologie. 1956 promovierte er zum Dr. phil bei Prof. Rall mit einer umfangreichen Dissertation über „Urkundenwesen, Kanzlei und Regierungssystem der Herzoge von Bayern und Pfalzgrafen bei Rhein von 1180/1214 bis 1255/1294“, die 1967 in den Münchener Historischen Studien gedruckt wurde. Ab 1957 besuchte er für drei Jahre die Archivschule am Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, die er 1960 mit der Staatsprüfung für den höheren Archivdienst abschloss.

Am 1. Juli 1960 trat Herr Dr. Hofmann die nach dem Tod von Dr. Grünzinger freigewordene Stelle des Leiters von Stadtarchiv, Wissenschaftlicher Bibliothek und Schlossmuseum (bis 1965 befand sich das damals noch „Schlossmuseum“ genannte Stadtmuseum im Neuen Schloss) an. Damit war er maßgeblich an deren Wiederaufbau beteiligt, als im Neuen Schloss das Bayerische Armeemuseum eingerichtet wurde und Archiv, Bibliothek und Museum umziehen mussten. Es gelang ihm im Jahr 1975, das Kavalier Hepp für die drei Institutionen der städtischen Geschichte, Archiv, Bibliothek und Museum, als neuen Standort zu gewinnen, die in der Zwischenzeit in mehreren Stätten zwischengelagert worden waren. Seinem über das gewöhnliche Maß hinausgehenden beruflichen, geradezu rastlosen Einsatz mit seiner immensen wissenschaftlichen Arbeitsleistung (über Monate hin Wochenend-Aufsätze zum Thema „Ingolstadt-Geschichte“) war es in den ersten 15 schwierigen Jahren seiner Amtszeit als Leiter des Stadtarchivs zu verdanken, dass für dieses eine adäquate Unterkunft im neurenovierten Kavalier Hepp gefunden worden war und dass es nicht aus dem Bewusstsein von Stadt und Bevölkerung verschwand. Welches Ansehen das Stadtarchiv heute besitzt, beweist die Tatsache, dass die Archivschule München bei jedem Archivkurs nach Ingolstadt fährt, um das hiesige Stadtarchiv als Anschauungsobjekt für die künftigen bayerischen Archivare vorzustellen. Das Stadtmuseum hat sich seit der Wiedereröffnung im Jahr 1981 im Kavalier Hepp zu einem enormen Museumsbau entwickelt. Das von Fachleuten gelobte Konzept des Museums ist größtenteils durch die Handschrift Dr. Hofmanns geprägt.

1961 wurde Dr. Hofmann zum Stadtheimatpfleger bestellt und hatte dieses Amt bis 1996 inne. Dieses Ehrenamt war ihm ein besonderes Anliegen, da er sich als Historiker für die Entwicklung Ingolstadts verantwortlich fühlte. Sein größter Einsatz galt der Erhaltung historischer Bausubstanz. Dafür kämpfte er, so bei geplanten Abbrüchen von Stadtmauerbereichen beim Christoph-Scheiner-Gymnasium oder bei der Renovierung des Ickstatthauses oder Erhaltung der Festungsanlagen der klassizistischen Festung.

Er verteidigte das Stadttheater als ein bedeutendes Bauwerk gegen Kritiker und setzte sich für die Restaurierung und Begehbarkeit der Sebastianskirche ein. Durch seine Initiative kamen sowohl das Grabungsbüro des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege als auch die Forschungsstelle Manching, Außenstelle der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts nach Ingolstadt. Die Einrichtung des Deutschen Medizinhistorischen Museums in der Alten Anatomie und des Museums für Konkrete Kunst in Ingolstadt wurden von ihm tatkräftig gefördert.

In den Jahren 1971 bis 1997 war Dr. Hofmann 1. Vorsitzender des Historischen Vereins Ingolstadt. Unter seiner Vereinsführung mit sehr zahlreichen Vorträgen, Exkursionen und wissenschaftlichen Publikationen gelang es ihm, neue Mitglieder zu gewinnen. Gerade auch Dr. Hofmanns leidenschaftlichem Einsatz für die Stadtgeschichte ist es zu verdanken, dass die Mitgliederzahl des Historischen Vereins stetig stieg. Der Verein hat durch das Engagement Dr. Hofmanns, der aber auch stets für aktuelle Probleme u. a. der Stadtplanung und Stadtgestaltung eintrat, im Bewusstsein der Bevölkerung an Gewicht und Ansehen gewonnen. Hinzu kamen seine erfolgreichen Bemühungen, die finanzielle Situation des Vereins durch Zuschüsse der Stadt, des Kultusministeriums, der Regierung von Oberbayern sowie der Landkreise zu verbessern. Im Jahr 2001 wurde er zum Ehrenmitglied für seine langjährige Tätigkeit ernannt.

Parallel zur Leitung von Stadtarchiv, wissenschaftlicher Bibliothek und Stadtmuseum hatte Dr. Hofmann von 1981 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1994 das Amt des städtischen Kulturreferenten inne. Weit über seine Dienstaufgaben hinaus und gerade auch nach dem Eintritt in den Ruhestand erforschte er höchst engagiert die Vergangenheit der Stadt Ingolstadt in allen Bereichen und gab die Ergebnisse davon unverzüglich an seine Mitbürger in Form von zahlreichen Publikationen und Vorträgen weiter.

Von Anfang an lag ihm besonders die Erforschung der Stadtgeschichte am Herzen. Vor dem Eintritt in den Ruhestand verwendete er für diese Aufgabe nahezu seine gesamte Freizeit. Aus seinen vor 1994 entstandenen umfangreichen Publikationen werden hier nur einige ausgewählte hervorgehoben: Neben zahlreichen Aufsätzen im „Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt“, in den „Ingolstädter Heimatblättern“ und anderen Zeitschriften ist insbesondere das große zweibändige INGOLSTADT-Werk zu würdigen, das er 1974 zusammen mit Prof. Dr. Theodor Müller und Dr. Wilhelm Reissmüller herausbrachte („Ingolstadt: die Herzogstadt, die
Universitätsstadt, die Festung“). Diesem grundlegenden Werk gesellte sich 1981 der Band über die Bilddokumente der Stadt und 1986 als Band IV ein umfangreicher Bildband über Ingolstadt mit teilweisen Quelleneditionen hinzu.

Eine ähnliche Chronik der Stadt Ingolstadt hatte bisher nur der spätere Stadtkommissar Gerstner im Jahr 1852 verfasst. 1986 war zusammen mit Dr. Dr. Gerd Treffer der Band über Cosmas Damian Asam und die Kirche Maria de Victoria erschienen. 1988 stellte er ein umfängliches Buch mit historischen Ansichten Ingolstadts vor. Daneben erschienen als Quellenedition die Urkunden zum Hl. Kreuz, die Quellenbände, Urkunden des Hl. Geist-Spitals sowie die Urkunden des Rates der Stadt. Mit dem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1994 hat er sich sodann selbst die umfangreiche Aufgabe gestellt, die Geschichte der Stadt seit deren Ursprung im Jahr 806 noch detaillierter aufzuarbeiten. Der erste Band dieser Reihe („Geschichte der Stadt Ingolstadt: von den Anfängen bis 1505“) ist rechtzeitig zum 750-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2000 erschienen.

Den zweiten Teil „Geschichte der Stadt Ingolstadt: 1506 – 1600“ stellte er zum Jubiläum „1200 Jahre Ingolstadt“ im Jahr 2006 fertig. In den beiden Werken ist die Stadtgeschichte in den jeweiligen Zeiträumen unvergleichlich detailliert dargestellt. Wie er selbst im Vorwort erklärt, beabsichtigte er, die unterschiedlichsten Lesergruppen anzusprechen. Aus diesem Grund habe er einzelne Themen wie beispielsweise die Gestalt der Stadt und die Einwohnerschaft und ihr Alltagsleben, aber auch Kunst und Kultur u. v. m. als Einzelthemen gestaltet, Lesern mit weitergehendem Interesse aber auch diese Detailschärfe zur Verfügung gestellt. Sein Vorhaben, die Stadtgeschichte seit den Ursprüngen im Jahr 806 noch genauer zu untersuchen, verwirklicht er auch heute noch – so sind allein im zurückliegenden Jahr 2012 sechs Publikationen entstanden, u. a. das 140-seitige Werk „Ingolstadt im 17. Jahrhundert“.

Im Bereich der Kunst lag ihm hauptsächlich die Förderung der regionalen Kunst und Künstler am Herzen. Er ermöglichte zahlreiche Kunstausstellungen, unterstütze die Künstler und brachte den Bürgerinnen und Bürgern moderne Kunst nahe. Zudem widmete sich Herr Dr. Hofmann der Musik. Er machte das vergessene Werk des Komponisten Johann Simon Mayr, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr mit einem Jubiläumsjahr in der Stadt Ingolstadt gefeiert wird, der Allgemeinheit zugänglich und sorgte so dafür, dass dieser bedeutende Künstler in Ingolstadt nicht in Vergessenheit geriet. Außerdem kämpfte er u. a. mit Erfolg für die Integration und Unterkunft der Mitglieder des Georgischen Kammerorchesters.

Dr. Hofmann hat noch zahlreiche weitere Ehrenämter ausgeübt: Von 1971-1990 war er Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Deutschen Medizinhistorischen Museums, wo er 1990 zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Er engagierte sich für die Marieluise-Fleißer-Gesellschaft sowie als Vorsitzender des Kunstvereins Ingolstadt. Das Amt des Dekanatsratsvorsitzenden der Diözese Eichstätt hatte er von 1968 bis 1971 inne. Zur Gründung des Katholischen Bildungswerkes Ingolstadt e.V. war er die treibende Kraft und von 1998-2003 dort als stellvertretender Vorsitzender tätig.

Als Anerkennung für seine Verdienste wurden Dr. Hofmann verschiedene Auszeichnungen verliehen. Unter anderem 1982 die Denkmalschutzmedaille, die Bezirksmedaille in Silber, im Jahr 1987 die Aventius-Medaille vom Vorsitzenden des Verbandes der Bayerischen Geschichtsvereinen, Herrn Prof. Bosl. Ebenfalls im Jahr 1987 erhielt Herr Dr. Hofmann das Bundesverdienstkreuz am Bande und im Jahr 2006 den Kulturpreis der Stadt Ingolstadt.

Als einer der hervorragenden und vielseitigsten Wissenschaftler der Stadt Ingolstadt und der bayerischen Landesgeschichte gelingt es Dr. Hofmann, Stadtgeschichte mit einer unerreichten Fülle an Themen der Theologie, Kunstgeschichte und Geschichte zu verbinden. Er hat in der Stadt Ingolstadt in den Bereichen Denkmalpflege, Musik, Kunst und Kunstgeschichte, Museen und Galerien sowie Geschichte und Wissenschaft Großes für die Stadt Ingolstadt geleistet, in dem er sich weit über das übliche Maß hinaus engagiert hat. Seinem Credo folgend, Geschichte zu hinterfragen, neu zu beurteilen und zu bewerten, schuf er in unermüdlichem Aktenstudium einzigartige Werke zu fast allen Epochen der Stadt und ihrer Region. Sein außergewöhnliches Engagement für die Stadt Ingolstadt nicht nur während seiner beruflichen Laufbahn, sondern vor allem auch in den Jahren danach, verdeutlicht die Verbundenheit von Dr. Hofmann mit Ingolstadt. Durch seine jahrzehntelangen historischen Aufzeichnungen, die er mit fundiertem Fachwissen unterlegt, sichert Dr. Hofmann für Interessierte und für die nachkommenden Generationen, aber auch für die heutigen Entscheidungsträger in unserer Stadt nachhaltig wichtige geschichtliche Zusammenhänge für deren Verständnis und Handeln. Über seine Dienstaufgaben hinaus hat er in unermüdlicher Weise die Vergangenheit Ingolstadts in allen Bereichen erforscht und seine Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

Dr. Siegfried Hofmann hat sich um die Stadt Ingolstadt in hervorragender Weise verdient gemacht. Er würde für seine zahlreichen Verdineste um die Stadt Ingolstadt und ihre Bürgerinnen und Bürger durch die Verleihung der Goldenen Bürgermedaille eine gebührende äußere Anerkennung und Würdigung erfahren.
Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung am 12.07.2013 einstimmig die Empfehlung ausgesprochen, Herrn Dr. Siegfried Hofmann die Goldene Bürgermedaille zu verleihen.