Mehr Unabhängigkeit und Information auf barrierefreien Seiten

Aus Von Ramona Schittenhelm

Bischofswiesen: Mailen, Bankangelegenheiten erledigen, die Telefon- oder Zugauskunft nutzen oder auch die Zeitung lesen – für das alles nutzt der Bischofswieser Bernd Esser seinen Computer. Nichts Ungewöhnliches eigentlich, nur ist der Bischofswieser blind. Mittels einer entsprechenden Software für seinen Computer wird ihm der abgerufene Text vorgelesen. Rechner und Zusatzgerät sind dazu miteinander verbunden.

Diese Technik ermöglicht es dem blinden Bernd Esser auch, täglich seine Zeitung – allerdings nur die Online-Ausgabe des Berchtesgadener Anzeigers – zu lesen. Allerdings sieht diese für ihn ein wenig anders aus, als für sehende Online-Leser. Grafiken und Bilder lässt der Rechner weg – lediglich der Text wird ihm – entsprechend der Seitengliederung – vorgelesen. Dabei stößt man auch schnell einmal an seine (technischen) Grenzen, wenn man alles machen muss, ohne es zu sehen. Trotzdem sei es spannend, sich Informationen zu holen, die man sonst nicht haben könnte. Da ihn diese Technik durchaus fasziniert, hat Bernd Esser natürlich auch seine eigene Webseite – ohne viele Frames, Grafiken und Animationen, nur auf Textbasis. Aus seiner Perspektive ist es ärgerlich, wenn die Seiten durch viele Animationen, Grafiken und Symbole ewig lange Ladezeiten hätten und überhaupt nicht blindentauglich gestaltet seien.

Lesen als Entspannung

Der Anzeiger-Seite hat der Bischofswieser dagegen ein kleines Lob erteilt. Dank der übersichtlich angeordneten Felder wäre die Bedienung auch für ihn als Nichtsehenden relativ einfach und er könnte sich über das kommunale Geschehen informieren – wenn auch nicht so umfangreich, wie normale Zeitungsleser, die im Vergleich zu Esser einen Vorteil haben: Sie können sich mit ihrer Zeitung in der Hand gemütlich hinsetzen zum Lesen. Dieses Gefühl versucht der erblindete Bischofswieser aber – soweit als möglich – durch das Lesen von Büchern in Blindenschrift auszugleichen. Denn, so Esser, nichts ist schöner, als etwas in der Hand zu haben, um zu lesen.
Die Schrift von Bernd Esser besteht allerdings nicht aus unseren normalen Schriftzeichen, sondern die so genannte Blindenschrift. Louis Braille entwickelte 1825 aus sechs Punkten – mit den Fingern erfühlbar – diese Schrift. Die Braillezeichen sind inzwischen weltweit verbreitet und auch im Computerzeitalter nicht unmodern. Die Buchstaben und Silben dieser Schrift bestehen aus jeweils sechs Punkten, die alle unterschiedlich groß sind. Um Buchstaben und Begriffe auseinander halten zu können, werden die unterschiedlich großen Punkte und Löcher in verschiedener Weise angeordnet.

Gemeinde als Unterstützer

Die Wege in seiner Gemeinde sind ihm alle inzwischen bekannt. Wenn er in einem Gebäude wie beispielsweise der Gemeinde etwas braucht, klopft er an der ersten Türe und der jeweilige Sachbearbeiter wird verständigt, wie Bernd Esser beschreibt. Ampeln und Bahnübergängewaren allerdings schon eine Schwierigkeit für ihn. In Kooperation mit Gemeinde und verantwortlichen Behörden und Unternehmen wurde die Ampel mit einem Summton versehen und auch der Bahn-übergang ist jetzt mit einem akustischen Signal versehen. Im Gegensatz zu anderen blinden „Kollegen“ aus anderen Regionen, kann Bernd Esser immer wieder auf die Hilfe und Unterstützung der Gemeinde, der Polizei aber auch der ganz normalen Mitbürger zurückgreifen, die ihm, egal ob auf der Bank, beim Metzger oder im Zeitungsladen helfen und meist freundlich begegnen.