Theo Merkel – Der Kämpfer aus Ruhpolding
Im Chiemgau machte zunächst der „1. BC Reichenhaller Jäger“ von sich reden. Dieser erste regionale Biathlon-Club vereinte vor allem die Soldaten der dortigen Gebirgsjäger-Kaserne, denn Biathlon war nach wie vor eine hauptsächlich vom Militär betriebene Sportart. Damals wurde noch mit Großkaliber (7,61 mm) geschossen. Und die ersten Gewehre waren, so erinnerte sich der 2002 verstorbene Ruhpoldinger Biathlon-Pionier Theo Merkel, 98er-Karabiner mit Kimme und Korn, die noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammten, während die DDR damals schon hochmoderne Waffen mit Diopter hatte und damit entscheidende Vorteile genoss. Merkel schildert die Problematik: „Das Gewehr mussten wir mit einem normalen Tragegurt befestigen. Da haben wir den Laufanzug am Rücken mit Schaumstoff ausgepolstert, um die Druckstellen auszugleichen.“ Anstatt der Magazine mussten Ladestreifen mitgeführt werden, welche die Athleten am Gürtel befestigten.
Theo Merkel war das erste Chiemgauer Aushängeschild im Biathlon: Er nahm an den Weltmeisterschaften 1966 in Garmisch-Partenkirchen (20. Platz) und – zusammen mit seinem Bruder Hubert – 1967 in Altenberg teil. Höhepunkt war für ihn die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble, wo er den 12. Platz im Einzellauf und den 9. Rang mit der Staffel belegte. Vier Jahre später, bei den Spielen in Sapporo, war er der große Pechvogel: Nach drei Schießen lag er auf dem dritten Platz, doch dann kam Nebel auf, und das Rennen wurde abgebrochen. Die Wiederholung am folgenden Tag brachte ihm kein Glück, er kam nur auf den 42. Platz. Die westdeutschen Biathleten standen viele Jahre klar im Schatten ihrer Konkurrenten aus der DDR. Die erste westdeutsche WM-Medaille gab es 1978 in Hochfilzen mit Bronze in der Staffel durch Heini Mehringer, Hans Estner, Andreas Schweiger und Gerd Winkler.
Ein Meilenstein für die weitere Entwicklung des Biathlonsports war nach jahrelangen heftigen Diskussionen die Einführung des Kleinkalibergewehrs zur Saison 1977/78, die ersten Weltmeisterschaften mit dieser mehr „sportlichen“ als militärischen Waffe fanden 1978 in Hochfilzen statt. Und so stellte der legendäre Sportreporter Bruno Moravetz treffend fest: „Das Kleinkaliber belebte das Biathlon erheblich.“
In den 70er-Jahren trugen die Bemühungen Früchte, in Ruhpolding ein Biathlonzentrum zu errichten. Erster Höhepunkt war auf dieser Anlage die Weltmeisterschaft 1979, bei der sich Biathlon noch als richtige Randsportart präsentierte. Und dass dann in den 80er-Jahren endlich auch die Frauen gleichberechtigt wurden, gab der Popularität des Biathlonsports einen gewaltigen Schwung.
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