Landwirte am Pranger

Landwirte am Pranger

Aus Von Ramona Schittenhelm

Rote Gebiete. Keine Gülle mehr. Verbot von Spritzmitteln. Bienen-Bürgerbegehren. – Wenn man die vergangenen Monate zurückblickt ergibt sich der Eindruck: Landwirte machen alles falsch. Parallel sinken aufgrund Abnahmeschwierigkeiten die Preise für Rind und Schwein, Tiere die ein Zuviel an Gewicht haben werden preislich deutlich abgewertet. Dies sowie immer stärkere Reglementierungen führen seit Jahren zu einer deutlichen Veränderung der Landschaft in Bayern, das über Jahrhunderte von der Landwirtschaft geprägt war. Vor rund 100 Jahren gab es hier noch fast 700 000 Höfe, die Landwirtsfamilien konnten gut davon leben.

Landwirtschaftliche Existenzen stehen auf dem Spiel

Die rückläufigen Zahlen ergeben sich auch aus dem jetzt vorgestellten Bericht des Statistischen Landesamtes. Demnach gibt es in Bayern aktuell (2020) noch 84.600 Höfe. Vor Zehn Jahren waren es noch über 100.000, um 2000 sogar 150.000 Landwirtschaftliche Hofstellen.

Über 12.000 hauptberufliche Bauern waren es, die in den letzten 10 Jahren das Handtuch geschmissen haben. Mehr als die Hälfte der verbliebene Höfe in Bayern wird inzwischen im Nebenerwerb betrieben – Tendenz steigend. Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU / Foto: StMELF) plant aufgrund dieser Zahlen eine „Hofnachfolgestrategie“ inklusive Existenzgründerförderung, wie das Ministerium mitteilte.

Wandel in der Gesellschaft – Kulturgut geht verloren

Im ganz langfristigen Vergleich wird das Ausmaß des Wandels besonders deutlich: Vor hundert Jahren gab es 670 000 Höfe im damals noch sehr landwirtschaftlich geprägten Bayern. Hier ist etwa ein Drittel aller deutschen Landwirte daheim. „Mit jedem familiären Hof, der aufgegeben muss, stirbt auch ein Stück bayerischer Kultur“, sagte Kaniber dazu. Die verbleibenden Höfe werden immer größer – was auch der sich entwickelden Saat- und Erntetechnologien geschuldet ist. Die durchschnittliche Betriebsgröße ist innerhalb von zehn Jahren von 32 auf 36 Hektar gestiegen. Auch die Zahl derjenigen Betriebe, die Tiere halten sinkt – die Zahl der Großbetriebe steigt. Kaniber plädierte für eine gute Balance zwischen den „gesellschaftlichen Erwartungen an mehr Naturschutz und Tierwohl auf der einen Seite und wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven für die Betriebe auf der anderen Seite“. Der Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie sei das Ziel einer modernen Landwirtschaftspolitik.

Agrarbericht legt Zahlen offen

Im Agrarbericht, den das Landwirtschaftsministerium herausgibt, kann man die Zahlen sehr genau verfolgen. Betriebe mit einer traditionellen Größenklasse zwischen 10 und 50 Hektar an Nutzfläche werden weniger. Der Agrarbericht 2020 zeigt an, dass es noch 105.300 Bauernhöfe mit einer Durchschnittsgröße von rund 30 Hektar gibt. Jährlich sind es aktuell etwa 0,7 Prozent Landwirte, die ihren Betrieb aufgeben. Damit bleibt die Zahl der Betriebsaufgaben zwar auf hohem Niveau, liegt aber nach wie vor niedriger als vor rund 5 Jahren. 2017 waren letztlich noch 106.718 Höfe in Bayern, um 2500 weniger als noch 2 Jahre zuvor. Der durchschnittliche Gewinn eines landwirtschaftlichen Betriebes lag demnach bei rund 55.000 Euro – zumeist bei einer 7-Tage-Woche und der kompletten mithelfenden Familie. Der Agrarbericht bezieht sich jeweils auf die vorangegangenen zwei Wirtschaftsjahre und wird im Sommer neu herausgegeben.