Leistungsschutzrecht – Nutzungsrechte und Honorarmodelle komplett überdenken

Aus Von Ramona Schittenhelm

Sollen „Snippets“ ins Netz und von Suchmaschinen aufgegriffen und verlinkt werden? – Im Zuge der eigenen Online-Vermarktung ist dies ein logischer Vorgang. Will ich das nicht, könnte ich mich statt in den Suchmaschinen ein sicherlich auch austragen. Gerade die Google-News, die speziell hierauf setzen, sind vom aktuell formulierten Leistungsschutzrecht, welches der Deutsche Bundestag heute behandelt, stark betroffen. Denn in den Google-News werden diese Snippets zusammengefügt und verbreitet.

Verlinkung eine wichtige Grundlage des Online-Marketings

Wer im Web aktiv ist, der weiß, dass die Inhalte, die man publiziert auch – sofern interessant – verlinkt werden. Wichtig ist – und das ist im Urheberrecht auch geregelt – dass der eigentliche Urheber irgendwo erscheint. Das Zitieren fremder Quellen ist nicht erst seit verschiedenen Wissenschaftlichen „Copy-Affären“ ein Thema, sondern hinlänglich bekannt. D.h. im Web sollte es daher eine selbstverständlichkeit sein, wenn man Inhalte weiterverbreitet, auf den Urheber – also die eigentliche Quelle, den Gesamttext – zu verlinken. Dies gebietet die Fairness (und das Gesetz), da man letztlich von den Informationen des anderen profitiert.

Suchmaschine vs. Presseverlag – Streit ums Geld

Suchmaschinen wie Google – die ein weltumspannendes Netzwerk haben – erwirtschaften mit dienen Snippets – also Kurzinformationen – riesige Summen. Geld, von dem speziell die Presseverlage ein Stück ab haben möchten und daher auf Ihr Leistungsschutzrecht beharren. Ein Wehrmutstropfen an der aktuellen Fassung, die heute in erster Lesung im Bundestag behandelt wird, ist leider, dass der eigentliche Urheber – also der Journalist selbst – hier keine wirkliche Berücksichtigung findet, sondern lediglich der Verlag vom Kuchen etwas abbekommen möchte. Die Honorare für die Journalisten selbst werden dagegen nicht steigen – vielmehr will der Verlag sehr häufig automatisch mit der teils minimalen Vergütung sämtliche Rechte erwerben.

Leistungsschutzrecht – Festlegung von Abläufen

Worum geht es bei der Auseinandersetzung zwischen Presseverlegern und Google eigentlich: Die Presseverleger wollen das Recht bekommen, von Suchmaschinen Lizenzgebühren zu fordern, wenn diese die Snippets verbreiten. Google will das natürlich nicht. Die Kernaussage des Gesetzes soll sicherstellen, dass Presseverlage im Online-Bereich nicht schlechter gestellt werden als andere Werkvermittler. Eine Umsatzbeteiligung an den Googel’schen Gewinnen ist das Ziel der Verlage, wenn die Suchmaschinen diese „fremden Inhalte“ mit Werbung bzw. als Werbung verkaufen.

Einnahmen auf den Urheber ausrichten

Auch die Wissenschaft – insbesondere das Max-Planck-Institut – hat zu dieser Kontroverse ihre eigene Meinung. Die Stellungnahme wurde gestern veröffentlicht. Die Wissenschaftler sprechen darin von „unabsehbaren negativen Folgen“. „Verleger können jetzt schon sagen, wenn sie nicht verlinkt werden möchten. So können sie sich aus den Listen der Suchmaschinen austragen lassen und dafür sorgen, dass ihre Inhalte nicht gefunden werden“, sagt Ralf Dewenter, Wirtschaftsprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Stattdessen nutzen die Verlage natürlich die Google-Wirkung für ihre Vermarktungsarbeit. Würden letztlich ihrerseits von der Arbeit der Anderen profitieren.

Für die Presseverlage ist das Internet ein Umdenk-Prozess, hielten sie doch vor wenigen Jahren noch die komplette Medienmacht in den eigenen Händen: Zeitung, Zeitschrift, Radio – die Verteilung der Medien oblag einzig den Verlagen. Durch die Internetverbreitung über die Suchmaschinen ist diese monopolartige Macht am bröckeln.

Wer ist vom Leistungsschutzrecht betroffen?

Gewerbliche und private Nutzung soll über das geplante Gesetz getrennt werden. Nur: ist das in der Praxis immer so haltbar und handelbar? Blogger sollen vom Leistungsschutzrecht nicht betroffen sein, lediglich gewrebliche Nutzer – also solche, die Geld verdienen (Presseverlage, Nachrichten-Aggregatoren).

Wird also zukünftig Österreich, die Schweiz, Frankreich, Belgien etc. – also sämtliche deutsche Nachbarländer – ein effektives Online-Marketing betreiben können und in Deutschland die Vermarktung erschwert werden – speziell für ‚Kleine‘? – Genauso ist es letztlich auch mit dem eigentlichen Journalisten, dem Urheber der Nachrichten. Eine Beteiligung an Tantiemen bzw. Umsätzen ist sicherlich eine Lösung – nur hat der Bundestag rund um die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ hier offensichtlich wieder zu stark die Verlagslobby bedacht: die eigentlichen Urheber wären demnach mindestens so stark zu berücksichtigen, wie die Verlage.

GEMA-Modell für die Textverbreitung?

Im Moment ist dies jedoch im Gesetzesentwurf überhaupt nicht bedacht bzw. sehr schwammig – angemessen ist hier ein sehr dehnbarer Begriff. Ob die Verwertung über eine Verwertungsgesellschaft (VG Wort) eine sinnvolle Lösung ist, wie es der Deutsche Journalistenverband (DJV) anstrebt, bleibt offen. Denn hier müsste innerhalb der Verwertungsgesellschaft ein Modell gefunden werden, dass hier nicht auch wieder die „Großen“ begünstigt, sondern für eine Gleichbehandlung führt. Die Forderung des Journalistenverbandes geht daher an ein GEMA-ähnliches Konstrukt.

Modell für die Praxis – erster eigener Gedankenansatz

Wie könnte das aussehen: Jeder Artikel, der irgendwo veröffentlicht wird – online, Print, Hörfunkt – wird mit einer digitalen Nummer versehen durch den Autor. Der Verlag zahlt dem Journalisten ein „angemessenes“ Honorar – abgerechnet über die digitale Beitragsnummer – für die Nutzung im gewünschten Ausmaß. Dafür kann der Verlag den Inhalt nutzen und – über mögliche Lizenzgebühren durch die Suchmaschinen – wirtschaftlich davon profitieren. So könnten auch Probleme bei der Honorierung der Texte im Internetzeitalter vermieden werden.

Erzielt man keine Einigung zwischen Verlagen und Suchmaschine, könnte es passieren, dass Informationen schwerer oder gar nicht mehr auffindbar sind. Denn wenn weder Suchmaschinenbetreiber noch Nachrichten Aggregatoren mehr Links zu deutschen Verlagsangeboten setzen, gerät u.U. auch die Informationswelt in Deutschland ins Wanken.