Monopolstellung vs. Entwicklung im Bereich Erneuerbare Energie: Energiepolitik muss lt. Hubert Aiwanger verbraucherfreundlicher werden
Aus Von Ramona SchittenhelmRahstorfDas Thema Energie und Energie-Wende wird letztlich immer phasenweise thematisiert, wobei viele Menschen draußen sicherlich an den Folgen der Entscheidung in den nächsten Jahren „knabbern“ werden. Nicht zuletzt auch deshalb, da im März Ad-hoc durch den Wirtschaftsminister Philipp Rössler die Einspeisevergütungen gesenkt wurden. Der Landtagsabgeordnete Hubert Aiwanger aus dem niederbayerischen Rahstorf (41 Jahre) kann als studierter Agrar-Ingenieur und Landwirt als ein Mann der Naturthemen praxisorientiert sieht angesehen werden. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Aiwanger: Es ist ein politischer Skandal, dass die Planungssicherheit bei Erneuerbaren Energien immer gezielt zerstört wird. Man hat den Eindruck, als sollten die Privatleute davon abgehalten werden, hier zu investieren, damit am Ende die Monopolisten marktbestimmend bleiben können.
Okay, und wie lässt sich das alles dann am Ende auch tatsächlich Re- bzw. Gegenfinanzieren?
Aiwanger: Die Einnahmen bei erneuerbarer Energiebleiben überwiegend im Wirtschaftskreislauf. In einigen Jahrzehnten sind die fossilen Energien zu Ende und auch diese kosten viel Geld. Deutschland gibt jährlich über 50 Milliarden Euro für Energieimporte aus.
Bis 2020 soll im Idealfall kein deutscher Atommeiler mehr am Netz sein. Für private Hausbesitzer stehen hier noch gehörige Umstrukturierungen an, auch in den Kommunen. Dies ist mit gehörigen Kosten verbunden – auch für Privatpersonen. Wird demnach die Energiewende auf deren Schultern ausgetragen?
Aiwanger: Nicht zwangsläufig. Momentan ist es so, dass die Bürger jährlich steigende Preise für Energie bezahlen müssen und die Konzerne Milliardengewinne erzielen, während die Allgemeinheit noch für die Atommülllagerung aufkommt. Die derzeitige Energiepolitik ist also alles andere als verbraucherfreundlich.
Viel diskutiert wird draußen, Solarparks oder Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Viele Menschen sehen es als Verschandelung der Natur. a) wie stehen Sie dazu und b) wie begegnen Sie solchen Argumenten?
Aiwanger: Natürlich gehört ein gewisses Fingerspitzengefühl bei der Auswahl der Standorte dazu. Aber für mich ist ein Solarpark auch nicht unansehnlicher als große Industriehallen. Auch Windkraftanlagen sind nicht unzumutbar, wenn sie weit genug von der Wohnbebauung weg sind. Ausserdem kann ja durchaus sein, dass wir in 20 Jahren andere Formen der Energiegewinnung haben und diese Anlagen dann wieder abbauen können. Atommüll oder die Folgen des CO2-Ausstoßes von fossilen Energieträgern haben unangenehmere Folgewirkungen.
Derzeit wird gerade in Bayern das Thema der Windkraft hoch diskutiert. In Norddeutschland ist man bzgl. Wind deutlich weiter als wir hier. Dafür ist Bayern in Punkto Photovoltaik relativ gut aufgestellt bisher. Muss denn in jeder Region jede Art von Enerige (Wind, Wasser, Sonne, Geothermie, Biogas, Hackschnitzel …) möglich sein, oder sollte man sich nicht auf die für die jeweiligen Regionen vorteilhaften Energiequellen orientieren?
Aiwanger: Natürlich wird man v.a. auf die Energien setzen, die vor Ort am effektivsten sind. Trotzdem muss auch berücksichtigt werden, wie weit es zu den Verbrauchern ist. Es kann also durchaus sinnvoll sein, auch in Bayern Windkraftanlagen mit niedrigerer Leistung als in Norddeutschland aufzustellen, wenn dafür der Strom nicht so weit transportiert werden muss. Problem der Leitungstrassen, Energieverluste etc. sind hier zu berücksichtigen.
Windenergie – das heißt Erhöhung, Windgeschwindigkeit und Flugverkehr müssen die Errichtung der großen Anlagen mit ihren Rotoren ermöglichen. Wie ermittelt man die hierfür ergiebigsten Standorte und überzeugt im nächsten Schritt diese Gemeinden bzgl. der Notwendigkeit?
Aiwanger: Es gibt den Windatlas, der aber nicht von allen Investoren für bare Münze genommen wird. Am Ende werden sich diejenigen, die investieren wollen, am fundiertesten mit der Thematik auseinandersetzen. Es ist aber unverkennbar, dass etwas mehr Hilfestellung „von oben“ gerade auch für Gemeinden durchaus nötig wäre. Viele Bürgermeister haben Angst davor, Entscheidungen zu treffen, die durch politische Willkürentscheidungen – siehe Kürzung Photovoltaikeinspeisung – plötzlich zur fatalen Fehlentscheidung werden. Planungssicherheit ist das beste Argument für eine positive Entscheidung.
Okay – das leuchtet ein. Aber nun im Konkreten. Worin sehen sie die Chancen der Windkraft für diese Region und in der Gesamtheit?
Aiwanger: Die Effektivität der Anlagen nimmt ständig zu. Windgeschwindigkeiten, die noch vor einigen Jahren für eine Windkraftanlage nicht ausreichten, sind heute plötzlich in Ordnung. Wichtig ist langfristig auch die Speicherfähigkeit von überschüssigem Strom aus EE, z.B. also aus Wind. Die Flächeneffektivität ist bei Windkraft sehr hoch. Es gibt Berechnungen, dass 2% der Fläche Deutschlands für Windkraft geeignet wären und damit 50% des heimischen Stromverbrauches abgedeckt würden. Das übertrifft also die Kernkraft bei Weitem.
Wo positive Punkte für eine Gemeinde / Region sind, wird sicherlich das Geschrei nach Risiken laut werden. Nennen wir diese doch einfach konkret beim Namen?
Aiwanger: Ich wohne nicht weit entfernt von den Kernkraftwerken Isar 1 und 2 und bin froh, wenn dieses Kapitel beendet ist ohne dass was größeres passiert ist. Das ist das konkrete Risiko.
Und dieses Risiko-Potential lässt sich ggf. auch eindämmen oder minimieren?
Aiwanger? Ja, in dem schnellstmöglich alle Kernbrennstäbe, die schon zwischenlagerfähig sind, endlich aus dem Abklingbecken entfernt und auch wirklich zwischengelagert werden. Angeblich rund 800 von 1700 bei Isar 1. Und die Zwischenläger besser geschützt werden vor Flugzeugabsturz etc. Ich hatte vorgeschlagen, diese Läger wenigstens wie eine Tiefgarage unter die Erde zu verlagern, damit seitliche Angriffe ins Leere gehen würden. Stattdessen wurden ja vor einigen Monaten 85 cm dicke Betonmauern um das Zwischenlager herum diskutiert. Momentan ist die Diskussion aber wieder eingeschlafen, man hofft wohl auf die Ermüdung und aufs Vergessen bei der Bevölkerung.
Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview.
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Über den Autor
Ausbildung als Journalistin im Berchtesgadener Land. Lokal- und Online-Journalismus sind meine Leidenschaft. Meine journalistischen Wurzeln liegen im Sport- und Technik-Journalismus.
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